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- Out 5, 2021
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Trier
Wie zwei Luxemburger in den deutschen Karnevalsadel aufgestiegen sind – und nun weltweit auf närrischer Mission sind
Wenn ein „Karnevalsverrückter“ über zwei „Karnevalsverrückte“ schreibt, könnte man wohl Seiten füllen. Während bei unseren deutschen Nachbarn die Uniformen und Orden seit Aschermittwoch wieder in Schränken und Vitrinen verstaut sind, erwarten die Narren im Großherzogtum ja noch mit Spannung und Ungeduld den karnevalistischen Höhepunkt zu „Halleffaaschten“. Aber nicht nur in Luxemburg wird das Brauchtum gepflegt, sondern auch europaweit und sogar in Übersee. Für die geneigte Leserschaft also dann hier die Geschichte von und über Marie-Claire und Pierrot.
Ich bin zu Gast in Langsur auf der deutschen Seite der Sauer, vis-à-vis von Wasserbillig. Pierrot Klein und Marie-Claire Klein-Theisen sind hier zu Hause. Die beiden waschechten Luxemburger leben hier seit ihrer Hochzeit im Jahr 2005 in einem heimeligen Anwesen. Zum Karneval kamen die beiden sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kind. „Wir hatten überhaupt keine Berührung zum närrischen Treiben, auch nicht, als wir noch in Luxemburg gewohnt haben“, lässt Pierrot mich wissen. „Bei einem Dorffest 2016 kamen wir mit der Vorsitzenden des hiesigen Karnevalsvereins ins Gespräch und man hat uns das Amt des Prinzenpaares für die Session 2017 angetragen. Begeistert haben wir spontan zugesagt.“ Diese Kampagne hat dann das närrische Feuer in den beiden entfacht und durch Auftritte in der benachbarten Hochburg Trier entstanden weitere Kontakte.
Närrische Regenten in der Augusta Treverorum
Mit ihrem emphatischen Auftreten weckten sie das Interesse der Trierer Karnevalisten und wurden schlussendlich 2019 als närrische Regenten der altehrwürdigen Augusta Treverorum inthronisiert. In allen Sälen in Trier und der Großregion wurden sie mit Begeisterung empfangen und gefeiert, waren sie doch deutschlandweit das erste rein luxemburgische Prinzenpaar überhaupt. Durch ihr Amt kamen sie dann auch zum ersten Mal mit der FECC in Berührung. Die „Federation of European Carnival Cities“ ist eine 1980 im griechischen Patras gegründete Dachorganisation zur Pflege von Kultur und Brauchtum, in erster Linie der karnevalistischen Traditionen (siehe Infobox).
Durch einen befreundeten Funktionär der deutschen Sektion entstand der Kontakt und Marie-Claire wurde noch im gleichen Jahr zur Vize-Präsidentin der FECC Deutschland berufen. 2020 wurde Marie-Claire bei der alljährlich stattfindenden Vollversammlung zur Präsidentin gewählt, Pierrot bekleidet seit 2024 das Amt des Geschäftsführers. Erklärtes Ziel der FECC ist der internationale Austausch von Karnevalsgruppen, das Kennenlernen der unterschiedlichen Karnevalstraditionen sowie die Gewinnung neuer Mitgliedsstädte, Vereinen und fördernden Mitgliedern.
Tausende Flugmeilen in närrischer Mission
Nun findet Karneval aber nicht nur, wie in Deutschland, vom 11.11. bis Aschermittwoch statt. Die Traditionen sind überall anders gelagert und so tauschen Marie-Claire und Pierrot ihr heimisches Refugium das ganze Jahr über mit Hotelzimmern auf dem ganzen Kontinent. „Allein 2024 waren wir in 20 Ländern unterwegs“, weiß Marie-Claire zu berichten. „Wir bringen da alljährlich Tausende von Flugmeilen zusammen und sind überall gerngesehene Gäste.“ Anfang des Jahres waren die beiden in Tampa/Florida zu einer großen Parade mit 300.000 Zuschauern. Im März ging es mit einer Delegation zum Karneval im kroatischen Rijeka und gleich darauf nach Udine in Italien. „Durch den voll gespickten Terminkalender kommen unsere luxemburgischen Freunde in diesem Jahr leider etwas zu kurz“, erklärt Pierrot. „So waren wir am 9. März lediglich in Schifflingen zu Gast, an Halbfasten sind wir wieder in Italien in Lugagnano.“
„The Queen of Balkan“
Worauf beruht die Faszination für den Karneval in anderen Kulturen und was ist das Besondere daran, möchte ich gerne wissen. „Es ist ein Erlebnis der besonderen Art“, sprudelt es förmlich aus Marie-Claire heraus. Ich sollte im Übrigen nicht unerwähnt lassen, dass, wenn Marie-Claire eine Bühne betritt und das Mikrofon in Händen hält, Gott Jokus mit seiner Begeisterung für ihr Temperament und ihre Redegabe kaum an sich halten kann. „Die Offenheit, Herzlichkeit und Lebensfreude der Menschen in z.B. Kroatien, Montenegro, Slowenien oder Serbien ist einzigartig. Hier werden alljährlich neue Freundschaften geschlossen und man wird allüberall herzlich empfangen und auch bewirtet“, so die Präsidentin weiter. Mit einem Schmunzeln wirft Pierrot ein: „Man nennt sie dort unten auch die Queen of Balkan!“ Pierrot erklärt auch die Unterschiede zum hiesigen oder speziell zum deutschen Karneval. „So etwas wie Kappensitzungen kennt man in anderen Ländern nicht. Hier liegt der Fokus auf dem Straßenkarneval und prunkvollen, exklusiven Bällen. Der Umzug in Rijeka zum Beispiel zog von 12.00 bis 22 Uhr durch die Straßen mit 120 Gruppen. Darunter war eine Gruppe mit unglaublichen 600 Teilnehmern. Das macht die Faszination aus.“
Mich interessiert noch: „Was steht noch an in den kommenden Monaten?“ Im April findet die Jahreshauptversammlung der FECC Deutschland in Köln statt. Marie-Claire kandidiert dort gerne für eine weitere Amtszeit, auch Pierrot hat noch Energie, sich weiter einzubringen. Bleibt da eigentlich noch Zeit für andere Aktivitäten? „Du glaubst es nicht“, lacht Pierrot. „Aber ich bin noch als Präsident des ,Gaart an Heem‘ in Wasserbillig und Präsident des dortigen Wandervereins ,Road Runners‘ tätig.“… und deutet in der Bar, in der wir sitzen, auf eine weitere Leidenschaft: „Ich habe mehr als 100 verschiedene Gins aus aller Welt in meiner Sammlung.“ Na ja, dann: Yassou, Yassou, Yassou!
Tageblatt
Wie zwei Luxemburger in den deutschen Karnevalsadel aufgestiegen sind – und nun weltweit auf närrischer Mission sind

Wenn ein „Karnevalsverrückter“ über zwei „Karnevalsverrückte“ schreibt, könnte man wohl Seiten füllen. Während bei unseren deutschen Nachbarn die Uniformen und Orden seit Aschermittwoch wieder in Schränken und Vitrinen verstaut sind, erwarten die Narren im Großherzogtum ja noch mit Spannung und Ungeduld den karnevalistischen Höhepunkt zu „Halleffaaschten“. Aber nicht nur in Luxemburg wird das Brauchtum gepflegt, sondern auch europaweit und sogar in Übersee. Für die geneigte Leserschaft also dann hier die Geschichte von und über Marie-Claire und Pierrot.
Ich bin zu Gast in Langsur auf der deutschen Seite der Sauer, vis-à-vis von Wasserbillig. Pierrot Klein und Marie-Claire Klein-Theisen sind hier zu Hause. Die beiden waschechten Luxemburger leben hier seit ihrer Hochzeit im Jahr 2005 in einem heimeligen Anwesen. Zum Karneval kamen die beiden sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kind. „Wir hatten überhaupt keine Berührung zum närrischen Treiben, auch nicht, als wir noch in Luxemburg gewohnt haben“, lässt Pierrot mich wissen. „Bei einem Dorffest 2016 kamen wir mit der Vorsitzenden des hiesigen Karnevalsvereins ins Gespräch und man hat uns das Amt des Prinzenpaares für die Session 2017 angetragen. Begeistert haben wir spontan zugesagt.“ Diese Kampagne hat dann das närrische Feuer in den beiden entfacht und durch Auftritte in der benachbarten Hochburg Trier entstanden weitere Kontakte.
Närrische Regenten in der Augusta Treverorum
Mit ihrem emphatischen Auftreten weckten sie das Interesse der Trierer Karnevalisten und wurden schlussendlich 2019 als närrische Regenten der altehrwürdigen Augusta Treverorum inthronisiert. In allen Sälen in Trier und der Großregion wurden sie mit Begeisterung empfangen und gefeiert, waren sie doch deutschlandweit das erste rein luxemburgische Prinzenpaar überhaupt. Durch ihr Amt kamen sie dann auch zum ersten Mal mit der FECC in Berührung. Die „Federation of European Carnival Cities“ ist eine 1980 im griechischen Patras gegründete Dachorganisation zur Pflege von Kultur und Brauchtum, in erster Linie der karnevalistischen Traditionen (siehe Infobox).
Durch einen befreundeten Funktionär der deutschen Sektion entstand der Kontakt und Marie-Claire wurde noch im gleichen Jahr zur Vize-Präsidentin der FECC Deutschland berufen. 2020 wurde Marie-Claire bei der alljährlich stattfindenden Vollversammlung zur Präsidentin gewählt, Pierrot bekleidet seit 2024 das Amt des Geschäftsführers. Erklärtes Ziel der FECC ist der internationale Austausch von Karnevalsgruppen, das Kennenlernen der unterschiedlichen Karnevalstraditionen sowie die Gewinnung neuer Mitgliedsstädte, Vereinen und fördernden Mitgliedern.
Tausende Flugmeilen in närrischer Mission
Nun findet Karneval aber nicht nur, wie in Deutschland, vom 11.11. bis Aschermittwoch statt. Die Traditionen sind überall anders gelagert und so tauschen Marie-Claire und Pierrot ihr heimisches Refugium das ganze Jahr über mit Hotelzimmern auf dem ganzen Kontinent. „Allein 2024 waren wir in 20 Ländern unterwegs“, weiß Marie-Claire zu berichten. „Wir bringen da alljährlich Tausende von Flugmeilen zusammen und sind überall gerngesehene Gäste.“ Anfang des Jahres waren die beiden in Tampa/Florida zu einer großen Parade mit 300.000 Zuschauern. Im März ging es mit einer Delegation zum Karneval im kroatischen Rijeka und gleich darauf nach Udine in Italien. „Durch den voll gespickten Terminkalender kommen unsere luxemburgischen Freunde in diesem Jahr leider etwas zu kurz“, erklärt Pierrot. „So waren wir am 9. März lediglich in Schifflingen zu Gast, an Halbfasten sind wir wieder in Italien in Lugagnano.“
„The Queen of Balkan“
Worauf beruht die Faszination für den Karneval in anderen Kulturen und was ist das Besondere daran, möchte ich gerne wissen. „Es ist ein Erlebnis der besonderen Art“, sprudelt es förmlich aus Marie-Claire heraus. Ich sollte im Übrigen nicht unerwähnt lassen, dass, wenn Marie-Claire eine Bühne betritt und das Mikrofon in Händen hält, Gott Jokus mit seiner Begeisterung für ihr Temperament und ihre Redegabe kaum an sich halten kann. „Die Offenheit, Herzlichkeit und Lebensfreude der Menschen in z.B. Kroatien, Montenegro, Slowenien oder Serbien ist einzigartig. Hier werden alljährlich neue Freundschaften geschlossen und man wird allüberall herzlich empfangen und auch bewirtet“, so die Präsidentin weiter. Mit einem Schmunzeln wirft Pierrot ein: „Man nennt sie dort unten auch die Queen of Balkan!“ Pierrot erklärt auch die Unterschiede zum hiesigen oder speziell zum deutschen Karneval. „So etwas wie Kappensitzungen kennt man in anderen Ländern nicht. Hier liegt der Fokus auf dem Straßenkarneval und prunkvollen, exklusiven Bällen. Der Umzug in Rijeka zum Beispiel zog von 12.00 bis 22 Uhr durch die Straßen mit 120 Gruppen. Darunter war eine Gruppe mit unglaublichen 600 Teilnehmern. Das macht die Faszination aus.“
Mich interessiert noch: „Was steht noch an in den kommenden Monaten?“ Im April findet die Jahreshauptversammlung der FECC Deutschland in Köln statt. Marie-Claire kandidiert dort gerne für eine weitere Amtszeit, auch Pierrot hat noch Energie, sich weiter einzubringen. Bleibt da eigentlich noch Zeit für andere Aktivitäten? „Du glaubst es nicht“, lacht Pierrot. „Aber ich bin noch als Präsident des ,Gaart an Heem‘ in Wasserbillig und Präsident des dortigen Wandervereins ,Road Runners‘ tätig.“… und deutet in der Bar, in der wir sitzen, auf eine weitere Leidenschaft: „Ich habe mehr als 100 verschiedene Gins aus aller Welt in meiner Sammlung.“ Na ja, dann: Yassou, Yassou, Yassou!
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