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- Out 5, 2021
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Gewalt im Kinderfußball
Spielervater soll in Merl handgreiflich geworden sein – Das sagen FLF und Vereine

Erst der „Handshake“, dann ein größerer Polizeieinsatz: Bei einem Meisterschaftsspiel der Minimes (U13-Kategorie) soll am Samstag ein Vater gegenüber Jugendspielern des Gegners handgreiflich geworden sein. Die Rümelinger fordern Konsequenzen – in Merl macht man den gegnerischen Trainer mitverantwortlich. Es ist bereits der zweite Fall einer Aggression eines Elternteils gegenüber Minderjährigen, der in dieser Saison hohe Wellen schlägt.
Ein eigentlich banales 3:3 zwischen dem Red Star Merl und der US Rümelingen der „Classe 3, Serie 2“ wird ein Nachspiel haben. Zumindest, was den zivilen Bereich anbelangt: Mehrere Patrouillen waren vonseiten der USR angefordert worden, da zuvor ein Spielervater der Heimmannschaft handgreiflich geworden sein soll. Am Sonntag ging der Verein davon aus, dass mehrere betroffene Jugendspieler Anzeige erstatten werden. Die Version des Red Star stimmt mit den Aussagen der Rümelinger allerdings nicht in allen Punkten überein.
Doch zumindest über den Zeitpunkt der Zwischenfälle sind sich beide Parteien einig: Zugetragen haben sich die Gewaltszenen unmittelbar nach Spielende: Als sich beide Minimes-Teams beim Handshake verabschiedeten, stürmte eine erwachsene Person auf den Platz: „Ich drehte mich um, da einige Spieler Schreie von sich gaben. Da sah ich, dass einige auf dem Boden lagen. Der Angreifer, ein Mann mit Sonnenbrille, hatte gerade einen meiner Jungs am Hals gepackt“, schilderte Roger Ferreira.
Die Lage sei zu diesem Moment schwer überschaubar gewesen. Es fielen unschöne Worte, die an dieser Stelle nicht zitiert werden. Der Trainer der USR gab zu verstehen, dass von den Spielern, die angegriffen worden sind, zwei zur Kontrolle ins Krankenhaus gebracht wurden: „Einer beklagte sich nach einem Faustschlag über Zahnschmerzen, bei einem anderen Spieler war es eine offene Lippe. Ein weiterer Spieler hatte Brustschmerzen. Er hatte einen Ellenbogen abbekommen, als er dazwischengehen wollte.“
Was das Ganze überhaupt ausgelöst hatte und was den Spielervater dazu veranlasst hatte, überhaupt auf den Rasen zu laufen, wusste Ferreira nicht. Zwar haben seine Spieler ihm später erzählt, dass es bereits während des Spiels eine heftige Diskussion zwischen zwei Jungs gegeben hatte, doch „diesen Reflex zu haben, Kinder zu schlagen, das ist nicht normal. Ich bin stolz darauf, dass die Eltern unserer Spieler und ich selbst uns sozusagen bezähmt haben.“
Ausbildung vs. Ergebnisse
Am Montag äußerte sich auch Merl zu den Vorwürfen: Sowohl Jugendkoordinator Jorge da Silva als auch der betroffene Minimes-Trainer, Marc Teerlinck, bezogen Stellung. „Ich war nicht mehr im Stadion, als es zu dem Zwischenfall kam. Ich habe allerdings vorher schon mitbekommen, dass der gegnerische Trainer ständig etwas an den Schiedsrichterentscheidungen auszusetzen hatte. Ein Rümelinger Spieler ist nach harten Aktionen sogar zweimal aufgefordert worden, den Platz zu verlassen. Aus meiner Sicht hat der Coach seine Mannschaft angestachelt. Es ist sehr schade. Wir reden von Zwölfjährigen – es geht um Ausbildung, nicht um Ergebnisse“, berichtete Da Silva.
In den unteren Ligen der U13 sind fast nie offizielle FLF-Schiedsrichter im Einsatz. Von den Zwischenfällen in Merl wurde nichts auf dem offiziellen Schiedsrichterbogen festgehalten, wie beide Seiten dem Tageblatt erklärten. Wie es auch hier der Fall war, sind es sehr oft ältere Jugendspieler oder Delegierte der Klubs, die in diesen Divisionen pfeifen. „Die FLF muss handeln“, forderte USR-Coach Ferreira. „Es müsste festgehalten werden, dass es keine Leute vom eigenen Verein sein dürfen. Sie wollten uns die Schuld geben, mit der Begründung, dass wir aggressiv gespielt hätten.“
So schildert es jedenfalls Marc Teerlinck, der Minimes-Trainer von Merl/Belair. „Ich war dabei, etwas aufzuheben. Ich habe also nicht mitbekommen, was den Streit zwischen den ersten beiden Spielern ausgelöst hatte. Ein weiterer Rümelinger mischte sich ein, bevor ein Dritter mit gestrecktem Bein auf unseren Spieler draufspringen wollte. Wer weiß, was passiert wäre, wenn er ihn tatsächlich am Kopf getroffen hätte. Mein Spieler lag bereits am Boden. Der Vater hatte in dieser Situation Angst um seinen Sohn. Was ich gesehen habe, ist, dass er einen Rümelinger von seinem Sohn weggestoßen hat. Er hat einen anderen Spieler mit der Faust bedroht, aber ich habe nicht gesehen, dass er jemanden geschlagen hat.“ Er fügte hinzu: „Der Vater war panisch, aber das rechtfertigt seine Aktion nicht – obschon 90 Prozent der Väter gleich gehandelt hätten. Und noch einmal: Ich habe nicht gesehen, dass der Vater einen Spieler geschlagen hat.“
So geht es jetzt weiter
Aufgrund der angekündigten Anzeigen wird der Vorfall wohl zivilrechtliche Folgen haben. Intern ist in Merl noch nicht entschieden, wie es weitergehen soll. „Ich zerbreche mir seither den Kopf“, erklärte Teerlinck. „Ich weiß nicht, ob es mein Spieler war, der den Gegner provoziert hat, oder umgekehrt. Aber egal wer es nun war, er darf sich nicht darauf einlassen. Dann kommt es auch nicht zu der ersten Auseinandersetzung. Was der Vater getan hat, kann man dadurch auch nicht rechtfertigen. Muss ich ihn bestrafen? Muss es eine doppelte Bestrafung geben? Ich muss mich mit dem betroffenen Spieler unterhalten. Er darf nicht so reagieren – und seinem Vater drohen weitere Konsequenzen.“
Es reicht nicht, während der Ausbildungen alles nachzuplappern, was die FLF-Ausbilder hören möchten. Es muss unbedingt eine Nachbetreuung stattfinden, damit diese Dinge auch tatsächlich umgesetzt werden.
Marc Teerlinck, Minimes-Trainer in Merl
Für den Trainer liegt die erste Lösung auf der Hand: „Es reicht nicht, während der Ausbildungen alles nachzuplappern, was die FLF-Ausbilder hören möchten. Es muss unbedingt eine Nachbetreuung stattfinden, damit diese Dinge auch tatsächlich umgesetzt werden. Denn auf den Plätzen geht es den meisten trotzdem noch immer um die Tabelle und Ergebnisse – nur wenige stellen die Ausbildung in den Vordergrund.“
Das sagt die FLF
Für die FLF ist es in dieser Saison der zweite Fall von Gewalt gegenüber jugendlichen Fußballern. Bereits im September war es zu einer ähnlichen Situation gekommen: Bei einer Partie der „Jeunes filles“ war ein erwachsener Mann während der zweiten Hälfte auf den Platz gestürmt und hatte eine damals 14-jährige Jugendspielerin mit der Faust geschlagen. Der „administrative“ Teil, sprich die Anhörungen vor dem Verbandsgericht, ist abgeschlossen und die Strafen aufgrund des Bußgeldkatalogs der FLF ausgesprochen worden. Vonseiten der Union Remich/Bous hieß es, dass man aus Datenschutzgründen als Klub keine Informationen über den zivilrechtlichen Tatbestand kennen würde. „Der Fall ist komplex“, meinte ein Vereinsmitglied. „Mehr möchten wir dazu nicht sagen.“
Für FLF-Präsident Paul Philipp ist klar: „Diese Entwicklung kam nicht von heute auf morgen. Der Druck von außen hat zugenommen. Es ist nichts Neues. Im Ausland wurde deswegen schon teilweise eine neutrale Zone vorgesehen, um eine Art Pufferzone zwischen den Zuschauern und den Jugendspielern zu gewährleisten.“ So weit ist man in Luxemburg noch nicht. „Es geht ja auch anders. Bei den Endspielen der Indoor-Meisterschaften in der Coque war von so einer aggressiven Stimmung nichts zu spüren. Es geht bei diesen Spielen nicht um viel, obschon einige trotzdem meinen, es wäre das Finale der Champions League. Im Vergleich zu anderen Jahren war diesmal wesentlich weniger Aggressivität auf den Tribünen zu spüren.“
Wir versuchen, den Jugendtrainern verständlich zu machen, dass die Ausbildung im Vordergrund stehen soll. Das ist eigentlich die Stelle, an der wir als Verband am meisten eingreifen können.
Paul Philipp, FLF-Präsident
Der FLF-Chef fügte hinzu: „Ich könnte mich auch hinter der Erklärung verstecken, dass es sich um ein Gesellschaftsproblem handelt. Die Frage ist: Wen bestraft man? Man muss die Richtigen bestrafen. Hat der Mann oder die Frau nichts mit dem Verein zu tun – sprich keine Lizenz –, dann ist es ein zivilrechtlicher Fall. Wenn man die Kinder mit bestraft, riskiert es, die Falschen zu treffen.“ Auch Philipp plädiert für das Umdenken bei einigen Jugendcoaches: „Wir versuchen, den Jugendtrainern verständlich zu machen, dass die Ausbildung im Vordergrund stehen soll. Das ist eigentlich die Stelle, an der wir als Verband am meisten eingreifen können.“
Aufbauarbeit haben nach den Gewaltszenen jetzt beide Vereine vor sich. Sowohl in Merl als auch in Rümelingen steht Klärungsbedarf an. „Als ich in die Kabinen kam, herrschte eine unfassbar ängstliche Stimmung. Die Jungs haben nicht geredet, einige haben gezittert und geweint. Wir müssen jetzt sehr viel mit ihnen reden. Sie werden sicherlich Angst haben, wenn sie nächstes Mal auf einem Fußballplatz stehen“, so Ferreira. In Merl dürfte es nicht anders aussehen.
Tageblatt